Das Thema rund um die Diesel-Fahrverbote beschäftigt in der letzten Zeit vermehrt die Gerichte in Deutschland. Den Anfang machten dabei die Stadt Stuttgart mit dem Urteil vom 26. Juli 2017 (Az. 13 K 5412/15) und die Stadt Düsseldorf mit seinem Urteil vom 13. September 2016 (Az. 3 K 7695/15).
Dem folgte das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 27. Februar 2018 – Az. 7 C 26.16 für Nordrhein-Westfalen und 7 C 30.17 für Baden-Württemberg). Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil davon aus, dass beschränkte Fahrverbote für einige Diesel-Fahrzeuge sowohl rechtlich als auch tatsächlich in Ausnahmefällen - nach derzeitiger Rechtslage - zulässig sind.
Am 02. Oktober 2018 hat der Bund ein Maßnahmenpaket vorgestellt, welches zukünftige Fahrverbote verhindern soll. Das Paket enthält Vorschläge wie Software-Updates, Hardware-Nachrüstungen und Flottenwechsel.
Der folgende Artikel beleuchtet die von den Gerichten genannten gesetzlichen Grundlagen für die Diesel-Fahrverbote, die Gesetzgebungszuständigkeit für solche Verbote als auch die Frage, warum die Verwaltungsgerichte für die Angelegenheiten zuständig sind.
Rechtsgrundlage für ein Diesel-Fahrverbot
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf und das Verwaltungsgericht Stuttgart haben als Rechtsgrundlage für die ausgesprochenen Fahrverbote auf Zeichen 251 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO unter der ergänzenden Verwendung des Zusatzes „gilt nur für Diesel-Fahrzeuge“ zurückgegriffen.
Hingegen geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass § 45 Abs. 1f StVO in Verbindung mit Zeichen 270.1 und 270.2 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO eine abschließende Vorschrift enthalte. Solange der Gesetzgeber nicht von entsprechenden Zusatzzeichen (etwa die „Blaue Plakette“) Gebrauch macht, ist ein Diesel-Fahrverbot nicht so einfach möglich. Jedoch sind bei der Prüfung von Fahrverboten insbesondere das Unionsrecht und die Verhältnismäßigkeit im Auge zu behalten.
Dies bedeutet: Grundsätzlich kann somit ein Diesel-Fahrverbot nicht so ohne weiteres eingeführt werden. Das liegt daran, dass eine entsprechende Rechtsgrundlage (hier: Zusatzzeichen) nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland noch nicht existiert.
Das Bundesverwaltungsgericht führt dazu ergänzend aus, dass durch die unionsrechtliche Verpflichtung (Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union) zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte (NO2) das nationale Recht unangewendet bleiben muss, wenn dies für die Wirksamkeit des Unionsrechts erforderlich ist.
Sobald feststeht, dass Verkehrsverbote für Diesel-Fahrzeuge in einem Bundesland als die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte geeignet sind, sind diese auch in Betracht zu ziehen.
Zusammenfassend sagt das Bundesverwaltungsgericht damit, dass der § 45 Abs. 1f StVO in Verbindung mit Zeichen 270.1 und 270.2 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO vorläufig außer Betracht bleiben muss, damit das deutsche Recht mit dem Unionsrecht (Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte) vereinbar bleibt. Bis zu der Einführung einer entsprechenden Rechtsgrundlage durch den Gesetzgeber, kann auf § 41 StVO und Zeichen 251 der Anlage 2 zur StVO zurückgegriffen werden, wenn das Verbot als verhältnismäßig einzustufen ist.
Ein Fahrverbot ist als verhältnismäßig anzusehen, wenn es sich als die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte darstellt. Dies ist auch der Grund, warum sich die jeweiligen Verwaltungsgerichte in den Bundesländern einzelfallbezogen mit den Prüfungen der Fahrverbote auseinandersetzen müssen. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgt nicht pauschal, sondern für jeden Fall gesondert.
Gesetzgebungskompetenz für den Straßenverkehr
Die Gesetzgebungskompetenz für das Kraftfahrwesen und den Straßenverkehr liegt nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG beim Bund. Danach steht dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung für das Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu. Gemäß Art. 80 GG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 StVG hat der Bund die Möglichkeit die Straßenverkehrsordnung (StVO) zu erlassen oder zu ändern.
Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte und Klagebefugnis der Umweltverbände
Eine wichtige Rechtsquelle für das Immissionsschutzrecht ist das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Dazu sind zahlreiche Durchführungsverordnungen (BImSchV) erlassen worden. Zusätzlich sind die Verwaltungsvorschriften der TA Lärm und TA Luft relevant. Grundsätzlich liegt die Gesetzgebungszuständigkeit für das Immissionsschutzrecht beim Bund (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG). Teilbereiche des Lärmschutzes wurden jedoch durch die Föderalismusreform 2006 in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder überführt. Zudem besitzen die Länder eine Zuständigkeitsnorm aus § 23 Abs. 2 BImSchG.
Das Immissionsschutzrecht ist ein Teilgebiet aus dem besonderen Verwaltungsrecht (Umweltrecht). Es zielt auf die Reinhaltung der Luft (§ 1 BImSchG) ab. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen Immissionen und Emissionen.
Gemäß § 3 Abs. 2 BImSchG handelt es sich bei Immissionen um die auf Menschen, Tiere, Pflanzen (…) einwirkenden Luftverunreinigungen, Geräusche, (…).
Hingegen handelt es sich bei den Emissionen nach § 3 Abs. 3 BImSchG um die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, (…).
Gemäß § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Umweltrechtsstreitigkeiten sind vor den Verwaltungsgerichten zu führen, wenn sich der Kläger (Antragsteller) gegen ihn belastende umweltrechtliche Hoheitsakte der Verwaltung, insbesondere gegen Umweltpläne, wendet oder einen Anspruch auf Erteilung eines hoheitlichen Zulassungsakts gerichtlich durchsetzen will (zum Beispiel: § 17 BImSchG).
Die Klagebefugnis der Umweltverbände nimmt man aus einem unionsrechtlichen Verständnis des § 47 Abs. 1 BImSchG, durch den die Umweltverbände gemäß § 42 Abs. 2 VwGO eigene einklagbare Rechte erhalten. Demnach ist der Anspruch auf Erlass eines Luftreinhalteplans, der ähnlich einer Verwaltungsvorschrift ist, im Wege der allgemeinen Leistungsklage vor den Verwaltungsgerichten (VG) zu verfolgen.
Was sind die sogenannten „Blauen Plaketten“?
Mit einer sogenannten „Blauen Plakette“ soll eine strengere Regulierung für die Einfahrt von Diesel-Kraftfahrzeugen in vorhandene Umweltzonen erreicht werden. Zudem erleichtert die Einführung einer „Blauen Plakette“ den Behörden die Kontrollmaßnahmen zur Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte. Eine „Blaue Plakette“ gibt es nach derzeitiger Rechtslage noch nicht in Deutschland. Sie wäre jedoch dringend erforderlich, um eine gesetzliche Grundlage für Diesel-Fahrverbote zu schaffen.
Für die Einführung ist eine Anpassung der Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und der StVO notwendig. Die erforderliche Gesetzgebungskompetenz dafür liegt gemäß Art. 80 GG beim Bund.
Für die Festsetzung der auszuweisenden Umweltzonen sind die Kommunen oder die Landratsämter (Straßenverkehrsbehörden) nach § 40 Abs. 1 BImSchG, § 44 Abs. 1 StVO in Verbindung mit den entsprechenden Landesverordnungen (z.B. § 15 Abs. 1 LVG BW) zuständig.