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Ermittlungsverfahren

Das Ermittlungsverfahren ist das Vorverfahren in einem Strafverfahren, welches eingeleitet wird, sobald ein Anfangsverdacht einer Straftat besteht. Die gesetzliche Grundlage für das Strafverfahren ist in den §§ 160 bis 177 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt.

In dem Ermittlungsverfahren ist die Staatsanwaltschaft die sogenannte „Herrin des Verfahrens“. Dabei wird sie durch die Polizei unterstützt.

Gemäß § 152 Abs. 2 StPO ist die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung bekannt gewordener Straftaten verpflichtet. Dieser Grundsatz wird als Legalitätsprinzip bezeichnet. Jedoch kann auch jede andere Strafverfolgungsbehörde (insbesondere die Polizei) ein Ermittlungsverfahren einleiten.

Ablauf des Ermittlungsverfahrens

Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren ein, sobald sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die den Verdacht einer Straftat begründen. Diese Kenntnis kann sie durch eine Strafanzeige (§ 158 Abs. 1 StPO) oder auch auf andere Weise, zum Beispiel durch Nachrichten aus der Tageszeitung, erlangen.

Das Gesetz unterscheidet in § 158 StPO zwischen einer Strafanzeige und einem Strafantrag. Eine Strafanzeige ist die bloße Mitteilung von einem Verdacht einer Straftat ohne das direkte Verlangen der Strafverfolgung. Hingegen ist ein Strafantrag dadurch gekennzeichnet, dass der Anzeigende ein direktes Einschreiten der Strafverfolgungsbehörde wünscht. Die Konsequenz daraus ist, dass er als Antragsteller im Falle einer Einstellung des Verfahrens zu benachrichtigen ist (§ 171 StPO). Der Antrag auf Strafverfolgung nach § 158 Abs. 1 StPO ist von dem Strafantrag gemäß §§ 77 ff. StGB zu unterscheiden. Letzterer ist eine Voraussetzung bei den Antragsdelikten (so zum Beispiel §§ 223, 230 Abs. 1 StGB).

Die Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaften und Polizei) sind dazu verpflichtet alle Tatsachen zu erforschen. Dazu zählen alle be- und entlastenden Tatsachen für den Beschuldigten.

Nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt, das Verfahren einstellt oder einen Strafbefehl erhebt.

Eine Anklage oder ein Strafbefehl kommen nur dann in Betracht, wenn ein hinreichender Tatverdacht nach § 170 Abs. 1 StPO vorliegt. Danach geht das Ermittlungsverfahren zum Zwischenverfahren bei dem zuständigen Gericht über.

Sollte kein hinreichender Tatverdacht gegeben sein, so muss die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen (§ 170 Abs. 2 StPO) und den Beschuldigten darüber in Kenntnis setzen. Zudem gibt die StPO der Staatsanwaltschaft in § 153 und § 153a die Möglichkeit das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen.

Beteiligte in einem Ermittlungsverfahren

In einem Ermittlungsverfahren sind viele wichtige Personen beteiligt.

1. Polizei

Häufig führt die Polizei den ersten Zugriff gemäß § 163 Abs. 1 StPO durch. Danach belehrt sie den Beschuldigten und nimmt eine Vernehmung nach § 163a Abs. 1 StPO vor.

2. Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft wird als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ bezeichnet. Der Ermittlungsvorgang erhält das Aktenzeichen Js. Sollten die Ermittlungen gegen Unbekannt erfolgen, dann erhält der Vorgang ein UJs-Aktenzeichen.

3. Beschuldigter

Eine Person ist nur dann vor einer Befragung zu belehren, wenn sie als Beschuldigter gilt. Eine Person wird zu einem Beschuldigten, wenn das Verhalten der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder eines Ermittlungsrichters erkennbar den Willen zur Verfolgung dieser Person wegen einer Straftat erkennen lässt (1. Möglichkeit). Eine andere Möglichkeit ist das Vorliegen eines ernsthaften Tatverdachts (2. Möglichkeit).

4. Ermittlungsrichter

Gesetzlich geregelt ist der Ermittlungsrichter in § 162 StPO. Aufgrund der herausgehobenen Stellung des Ermittlungsrichters bestimmt das Gesetz in § 168c StPO besondere Anwesenheitsrechte bei richterlichen Vernehmungen. So ist unter anderem bei der richterlichen Vernehmung von Zeugen der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten sowie dessen Verteidiger die Anwesenheit zu gestatten (§ 168c Abs. 2 StPO).

5. Verteidiger

In Fällen der notwendigen Verteidigung des § 140 Abs. 1 oder Abs. 2 StPO ist dem Beschuldigten ein Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Diesen bezeichnet man dann als Pflichtverteidiger. Ein wichtiges Recht des Verteidigers ist das Recht auf Akteneinsicht nach § 147 Abs. 1 StPO.
Ermittlungsverfahren Definition & Erklärung | Rechtslexikon

Ermittlungsverfahren - Definition & Erklärung - Zusammenfassung

Im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren sollte man sich folgende Punkte merken:

  • Das Ermittlungsverfahren erfordert einen Anfangsverdacht.
  • Die Staatsanwaltschaft ist die Herrin des Ermittlungsverfahrens.
  • Das Ermittlungsverfahren wird auch als Vorverfahren
  • Beteiligte Personen in einem Ermittlungsverfahren sind die Polizei, die Staatsanwaltschaft, der Beschuldigte, der Ermittlungsrichter und der Verteidiger.
  • Ein Ermittlungsverfahren endet durch Einstellung, Anklageerhebung oder einen Strafbefehl.

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