Prozessmaximen im Zivilprozess
Die Prozessmaximen (auch: Verfahrensgrundsätze) in einem Zivilprozess statuieren Angelegenheiten der Parteien und des Gerichts in den einzelnen Prozessphasen, die in einem zivilrechtlichen Verfahren von großer Bedeutung sind. Somit prägen die Prozessmaximen den gesamten Ablauf des Zivilverfahrens.
Sie begründen sich aus dem Justizgewährleistungsrecht, das dem Staat zukommt.
Das Justizgewährleistungsrecht (auch: Justizgrundrecht) garantiert jedem, dass er seine Rechte in einem Gerichtsverfahren geltend machen kann. So wie die Privatautonomie im materiellen Recht, die Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist, hat jeder im Wege der Parteiherrschaft im Zivilverfahren die Entscheidungsfreiheit darüber, ob er und wie einen Zivilprozess anstreben möchte.
Wichtige Prozessmaximen im Zivilprozess
Die wichtigsten Prozessmaximen sind:
1. Dispositionsmaxime
Die Dispositionsmaxime ist das prozessuale Gegenstück zu der Privatautonomie im materiellen Recht. Die einzelne Partei hat danach die Möglichkeit (= es steht ihr zur Disposition), ob das Verfahren eingeleitet wird und welcher Streitgegenstand vor das Gericht gelangt („Wo kein Kläger, da kein Richter“). Ein Verfahren wird durch Klageerhebung (§ 253 ZPO) oder durch den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids (§§ 688 ff. ZPO) eingeleitet.
Der Umfang des Rechtsstreites wird durch den bestimmten Antrag (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) des Klägers bestimmt. Das Gericht darf gemäß § 308 Abs. 1 ZPO einer Partei nicht mehr zusprechen, als diese beantragt hat.
Hingegen haben die Parteien keine Dispositionsbefugnis über Termine oder Fristen in dem Verfahren (z.B. § 227 ZPO).
Den Gegensatz zur Dispositionsmaxime bildet das Offizialprinzip aus § 152 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO).
2. Öffentlichkeitsgrundsatz
Urteile ergehen „im Namen des Volkes“, folglich muss die Öffentlichkeit die Möglichkeit haben, die gerichtlichen Entscheidungen auch zu verfolgen. Aus diesem Grund sieht § 169 GVG vor, dass sowohl Verhandlungen als auch die Verkündung der Entscheidungen für Zuhörer öffentlich zugänglich sein müssen.
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch einige Ausnahmen. So findet ein Ausschluss der Öffentlichkeit in Familiensachen gemäß § 170 GVG statt. In § 171b GVG ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen, wenn der Schutzbereich der Privatsphäre des Betroffen ist.
Nach § 173 GVG ist die Entscheidungsverkündung aber öffentlich.
3. Mündlichkeitsgrundsatz
Der Grundsatz der Mündlichkeit ist in § 128 Abs. 1 ZPO und § 137 ZPO fixiert. Danach geht der Gesetzgeber davon aus, dass Entscheidungsgrundlage nur das sein kann, was Gegenstand in der mündlichen Verhandlung war.
Aus diesem Grund sind die Verhandlung, die Beweisaufnahme und die Urteilsverkündung mündlich. Andernfalls würde der Öffentlichkeitsgrundsatz ausgehöhlt werden. Wie sollte die Öffentlichkeit ein Meinungsbild von einem Fall erhalten, der sich nur aus den Akten erschließt.
4. Anspruch auf rechtliches Gehör
Verfassungsmäßig ist der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG zu entnehmen. Er garantiert jedem, dass sein Vorbringen vor Gericht nicht nur gehört, sondern auch rechtlich gewürdigt wird (= Entscheidung des Gerichts).
5. Anspruch auf den gesetzlichen Richter
Der Anspruch auf den gesetzlichen Richter lässt sich dem Art. 101 Abs. 1 GG und § 16 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) entnehmen. Er gewährleistet, dass für Prozesse im Voraus bestimmt sein muss, welcher Richter (z.B. durch den Geschäftsverteilungsplan) und welches Gericht zuständig ist.
6. Beibringungsgrundsatz (Verhandlungsgrundsatz)
Es obliegt den Parteien, die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen dem Gericht beizubringen. Der Tatsachenvortrag der Parteien ist für das Gericht bindend. Die Parteien können ihren Tatsachenvortrag bis zur letzten mündlichen Verhandlung ergänzen oder korrigieren.
Jedoch hat der Richter nach § 139 ZPO dahin zu wirken, dass sich die Parteien über alle erheblichen Tatsachen erklären.
7. Beschleunigungsgrundsatz
Das Gericht soll den Rechtsstreit zügig entscheiden, damit der Rechtsfrieden gewahrt bleibt. Dazu ist das Gericht angehalten kurzfristig und unverzüglich einen Verhandlungstermin zu bestimmen (§§ 216, 272, 279 Abs. 1 ZPO).
Mittels des sogenannten Versäumnisverfahrens (§§ 330 ff. ZPO) stellt die ZPO sicher, dass eine Partei nicht ohne Weiteres einen Prozess in die Länge ziehen darf.
Prozessmaximen - Definition & Erklärung - Zusammenfassung
Im Zusammenhang mit den Prozessmaximen ist wichtig zu merken:
- prägen den gesamten Zivilprozess
- Herleitung folgt aus dem Justizgewährleistungsgrundrecht
- prozessuales Gegenstück zur Privatautonomie