Subjektives Rechtfertigungselement
Auch bei der Notwehr ist ein subjektives Rechtfertigungselement erforderlich, wie bei allen Rechtfertigungsgründen. Ein Teil der Literatur hält es für ausreichend, wenn der Verteidiger die Umstände kennt, die sein Verhalten objektiv als erforderliche Verteidigung gegen einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff erscheinen lassen, verlangt die h. M. jedoch – wie beim Vorsatz – ein Wissens- und ein Willenselement:
- Hiernach ist zum einen erforderlich, dass der Verteidiger Kenntnis aller objektiven Umstände der Notwehr, also der tatsächlichen Umstände hat, die die Notwehrlage, Erforderlichkeit und Gebotenheit ausmachen.
- Der Verteidiger muss zum anderen nach dieser Ansicht mit Verteidigungswillen Dass der Wille zur Angriffsabwehr das Hauptmotiv der Verteidigung bilden muss, ist dabei maßgeblich. Entflammende Wut ist so lange unschädlich, wie diese Emotion lediglich ein Nebenmotiv bleibt. Eine Rechtfertigung scheidet aus, wenn der Verteidigungswille hingegen völlig in den Hintergrund tritt.
Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass bei Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes das durch die Verwirklichung eines Straftatbestandes indizierte Unrecht kompensiert wird (Kompensationsgedanke). Sodann muss aber bedingungslos angenommen werden, dass das objektiv verwirklichte Unrecht (Erfolgsunrecht) durch das objektive Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes aufgehoben wird. Letztlich bleibt aber noch das isolierte Verhaltensunrecht übrig, was vorwiegend durch die Manifestation des Vorsatzes zum Ausdruck kommt. Nicht grundsätzlich straflos ist aber eine solche betätigte Gesinnung, wie die Strafbarkeit des Versuchs noch zeigen wird. Deswegen ist jedenfalls beim Vorsatzdelikt zu einer vollständigen Rechtfertigung stets auch ein subjektives Rechtfertigungselement erforderlich, um das Verhaltensunrecht zu kompensieren. Folgerichtig muss dieses subjektive Rechtfertigungselement als „Erlaubnistatbestandsvorsatz“ aus einem Wissens- und einem Willenselement bestehen.